Schreiben ist wie Kochen

von Julia Scales

Eine rote Cocotte (gusseiserner Topf) steht auf einem Gasherd. Darin ist ein Gemüseeintopf zu sehen, mit Karotten, Speck, Zwiebeln und Kartoffeln.

„Was machst du denn, wenn dir die Inspiration fehlt?“ werde ich ab und zu gefragt.

Klar ist es am besten, wenn ich warten kann, bis mich die Muse küsst. Aber im echten Leben gibt es Deadlines, und da kann ich mich nicht drauf verlassen, dass schon kurz vor knapp noch ein Geistesblitz kommen wird.

Also habe ich meine Strategie für das kreative Schreiben, wenn die Kreativität gerade Pause macht. Es ist vergleichbar mit Kochen ohne Rezept – je mehr Erfahrung man hat, desto besser geht es.

 

1. Zweck und Hauptzutaten klären

Soll es eine romantisches Menü werden oder ein schnelles Mittagessen?
Welches Gemüse muss verbraucht werden? Wer kommt zum Essen und gibt es Allergien?

Bei Texten also: Kundenbriefing lesen, Zielgruppe klären und Keywords sichten.

 

2. Gefäß bereitstellen

Beim Kochen fällt die Wahl zwischen Pfanne, Thermomix und Cocotte häufig aus dem Bauch heraus, beim Texten eher planvoll.

Hier hilft eine Struktur aus früheren Aufträgen oder best practices. Ein Dokument anzulegen und mit Stichworten aus dem Briefing zu füllen braucht keinerlei kreative Energie, bringt aber häufig die Ideen zum Fließen.

 

3. Standards

Fast immer starte ich beim Kochen damit, dass ich Zwiebeln in Öl anschwitze.

Bei den Texten gibt es je nach Kunden auch Elemente, die immer wieder vorkommen. Natürlich neu formuliert, damit es nicht langweilig wird.

 

4. Frische Zutaten hinzugeben

Jetzt kommen die restlichen Zutaten dazu. Ich finde ja theoretisch Mise en Place super, praktisch mache ich das nie, sondern schnibble das Gemüse nach und nach, während der Topf schon auf dem Herd ist. Mit der Zeit hat man ja Erfahrung gesammelt, welche Reihenfolge sinnvoll ist.

Auch beim Texten kommt jetzt frischer Wind rein, um die Standards aufzupeppen. Der Vorteil hier: Ich kann die Struktur jederzeit ändern und auch kurz vor Schluss noch einen Einstiegssatz schreiben.

 

5. Rühren und köcheln lassen

Zeit ist die wichtigste Zutat, nicht nur bei der Tomatensauce. Je länger etwas köcheln kann, umso besser fügen sich die Elemente zusammen.

Idealerweise mache ich also nach dem ersten Entwurf eine längere Pause, in der ich an etwas ganz anderes denke. Noch besser: Tapetenwechsel. Texte werden nicht besser, wenn man drauf starrt. Sie brauchen Abstand, um sich zu entfalten, und die besten Ideen kommen oft, während man etwas ganz anderes tut.

Das ist so wie die Milch, die erst dann (über)kocht, wenn man kurz wegschaut. Nur besser.

 

6. Abschmecken

Am Schluss kommt der Feinschliff. Es wird probiert und nachgewürzt, bis es rundum gelungen ist.

Bei Texten also lesen, überarbeiten, Synonyme finden, Satzstrukturen abwechslungsreicher gestalten, Rechtschreibung prüfen, nochmal lesen. So lange, bis der Text leicht von der Zunge hüpft.

 

7. Servieren

Der große Augenblick: Das Gericht wird aufgetischt, der Text kommt zum Kunden.
Dabei sollte natürlich die Präsentation ansprechend sein, das Auge isst/liest schließlich mit.

 

8. Feedback

„Und, hat’s geschmeckt?“
Auch hier gilt, ehrliche Rückmeldung hilft am meisten. Wer sagt, das Pilzragout wäre lecker, obwohl er Pilze hasst, läuft Gefahr, das beim nächsten Mal wieder zu bekommen.

Andererseits sollte es höflich und konstruktiv formuliert sein. Meinen Kindern habe ich schon früh beigebracht, statt „Bäh!“ zu sagen „Das schmeckt mir leider nicht“. Meine Kunden sind zum Glück nicht ganz so gnadenlos. Sie wissen auch, dass ich gerne einzelne Zutaten austausche, aber mit „das schmeckt irgendwie nicht so, wie ich wollte“ nicht viel anfangen kann. Und dass sie dann vermutlich einen Anruf bekommen, um das zu konkretisieren.

 

Appetit auf mehr? Lassen Sie uns darüber sprechen, wie ich Ihre Ideen in überzeugende Texte verwandeln kann!

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